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Joël Marchesan

Auf dem Weg kam ich immer wieder mit der Religion in Kontakt. So war es nur eine Frage der Zeit bis ich einmal in einem Kloster Obdach finden würde. 

So kam es auch etwa eine Woche nach meiner rettenden Begegnung mit Roland in einer Kirche nahe Toulouse, dass wir im kleinen Dorf Sarrance in den Pyrenäen in einem ebenso kleinem Kloster unseren Tag beendeten.

 

Anfangs fanden wir den Eingang nicht; das Gebäude war ein zweistöckiges, viereckiges Haus, das eher an ein flaches Reihenhaus mit Hof erinnerte, als an ein Kloster, wenn der kleine Turm und die Kirche auf der zum Eingang entgegengesetzten Seite nicht wären. 

Es war auch wegen diesem Abstand von Kapelle und Eingang, dass wir etwas umherirrten und fragten, wie man den zum Kloster käme.

Endlich standen wir erschöpft von der Tageswanderung an der großen Holztür mit dem gusseisernem Klopfring und dem vergitterten Guckloch in der Tür. 

Zwei freundliche alte Nonnen in Zivil öffneten das Tor und führten uns in den Vorraum der Gästebehausung. Nachdem wir unser Gepäck und die Schuhe abgeladen hatten, erklärten sie uns die Essens-, Schlafens- und Messezeiten. Natürlich war es keine Pflicht die Pilgermesse zu besuchen, aber für mich war es im Sinne der Höflichkeit zu meinem Gastgeber wichtig teilzunehmen.

Gegen Abend -es war fast Zeit für die Messe-  machte ich mich vom Klostergarten -ganz im eher zivilen Stil der Nonnen: Eine Wiese mit Fruchtbäumen und ein paar Plastikstühlen- auf die Klosterkirche zu suchen. 

Ein paar Minuten irrte ich durch die identischen Gänge der Anlage auf der Suche nach einem Zugang in die Kapelle (Wieso ich dachte es sei eine andere als am Nachmittag weiß ich bis heute nicht). Schließlich lief ich den Weg aus dem Kloster, um das Gebäude in die Kirche, nur um diese dann leer vorzufinden. Hinter dem Altar brannte ein schwaches rotes Licht und ich fühlte mich bereits fehl am Platz. Plötzlich kam Gesang von dem Ort hinterm Altar zu mir und ich schaute nach dem Ursprung dieser Töne. Neben dem Altar befand sich eine circa 15 m² großem Kammer mit drei Reihen Holzbänke, einem Mittelgang und an dessem Ende ein weiterer Altar, an dem gleich drei berobte Mönche befanden. Ein paar Minuten stand ich am Eingang zu diesem Raum, nicht wissend, ob ich eintreten oder umdrehen sollte. Immerhin gab es keinen Platz mehr auf den Bänken und wie sollte ich ohne Sprachkenntnisse meine Situation erklären und ist es nicht unangebracht so in diese Zeremonie herein zuplatzen?

So wie sich meine Gedanken im Kreis drehten, kam auch gleich einer der Mönche ruhig zu mir und wies mich auf einen Stuhl direkt neben einem Schrank, der sich am Ende des Raumes befand, gab mir ein ledergebundenes, in die Jahre gekommenes Buch, berührte in einer väterlichen Geste, um mich willkommen zu heißen meine Schulter und begab sich nachdem er mir noch eine große Robe zur Aufbewahrung gab wieder neben seine Brüder am Altar. 

Sein Aussehen war das eines Mönches wie im Film. Er war schon älter, rundlich, besaß einen weißen Haarkranz um seinen kahlen Oberkopf und strahlte Gelassenheit und Weisheit aus.  

Nun saß ich die Robe und das Lederbuch in der Hand und lauschte der mir unverständlichen predigt. Ein Mönch erzählte etwas anscheinend sehr Wichtiges auf Französisch und der andere übersetzte es ins Spanische; mir kam beides Spanisch vor. Hier und da verstand ich doch einen Wortfetzen, dann auf einmal eine Zahl und alle standen auf. "Das ist bestimmt eine Seite im Buch und wir singen gleich... oh Gott!", dachte ich mir während ich das Buch nach der richtigen Seite durchsuchte. Unfähig das Gelesene auszusprechen und ohne Noten sang ich trotzdem meinen Mitmenschen lauschend mit. Die Strophen mogelte ich mich leise summend durch, um im Refrain etwas zu laut den Text zu vergessen. Die ganze Situation hätte auch ein Mr. Bean-Sketch sein können. 

Die Messe neigte sich dem Ende zu, nach vielen Ansprachen und Gesängen wurde die Hostie geteilt und wir empfingen die heilige Kommunion. Nicht christlich getauft und sonst nicht religiös geschweige denn ein devoter Christ (die einzige Religion, der ich einmal angehörte, war der Buddhismus) fühlte ich mich unwohl als Aussenseiter an diesem Ritual teilzunehmen; es nicht zu tun wäre aber noch unhöflicher gewesen. 

So kam es, dass ich in einer Messe, von der ich nichts verstand die Kommunion empfing.

 

Am nächsten Tag ging es weiter. Doch diese eigenartige Erfahrung und diese bedingungslose Gastfreundlichkeit der Mönche und Nonnen hallten noch eine gante Weile nach.  

Über den Autor:

Mein Motto:
Ein Schiff im Hafen ist sicher, aber dafür werden Schiffe nicht gebaut.
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