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Astrid Schneider

Das Weltbild und die Welt

Bewegung, Verbundenheit, Entwicklung und Neugier. Das sind Begriffe, die im Weltbild von Hochbegabten eine große Rolle spielen.

Bewegung oder Fluss bedeutet Entwicklung und entspringt ihren Gedanken. Neugier treibt sie an, die Welt, ihr Umfeld immer weiter begreifen zu wollen. Sei es in der Wissenschaft, der Philosophie, der Spiritualität. Menschen, Tiere, Natur, alles ist für sie miteinander verbunden und sie fühlen sich als ein Teil einer großen Einheit.

Einen Stillstand, den Zustand etwas vollkommen erreicht oder etwas zu Ende gedacht oder gemacht zu haben, scheint ihnen nie gegönnt. Es tauchen doch immer wieder neue Fragen und Erkenntnisse auf, die ihre Gedanken fließen lassen und sich mit altem verknüpfen. Das Wort fertig sollte aus ihrem Vokabular gestrichen werden, da es ja immer noch etwas zu ergänzen gibt. Auf die Frage „bist du fertig“ ist sehr oft ein „fast“ oder „erstmal“ als Antwort zu hören. Wie diese Hausaufgabe. Je länger ich mich damit befasse umso komplexer werden meine Gedanken. Es fällt mir immer schwerer mich kurz zu fassen. Lebenseinstellung, Mission, Glaube und Einklang es gibt so viel darüber zu schreiben.

Der größte Unterschied der zu einer Distanzierung im Weltbild führt ist das Ego-Denken von Normalbegabten und das ganzheitliche umsichtige Denken von Hochbegabten.

Ein NB guckt was er gut kann, womit er gut Geld verdienen kann. Sein Status, Ansehen ist ihm wichtig „guck was ich alles Tolles kann und wie gut ich bin“ kommt unbewusst immer an die Oberfläche. Meist ist ihm sein eigenes Wohl am wichtigsten und der Nutzen seiner Handlungen ist auf ihn gerichtet.

Ein HS-HB empfindet seine Fähigkeiten als normal, im Gegenteil, er könnte ja noch besser sein. Das kann nicht nur ein von außen sich eingebrannter Glaubenssatz sein. Genauso gut ist er selbst davon überzeugt, da ihn sein Perfektionismus antreibt und er nicht mit seiner „Leistung“ zufrieden sein kann. Statt sich zu profilieren, gibt er gerne seine Gedanken und Erkenntnisse weiter. Die Angst eines NB, jemand könne seine Idee „klauen „kennt ein HB kaum. Es ist ihm ein Anliegen die Welt ins fließen und Leuchten zu bringen. Und da ist es doch natürlich zu teilen, Rücksicht zu nehmen und umsichtig zu sein.

Das bringt den HS-HB oft in emotionale Schwierigkeiten. Er kann sich durch körperlichen und geistigen Einsatz für sein Umfeld komplett verausgaben, da er seine eigenen Bedürfnisse an letzte Stelle setzt und seine Grenzen nicht wahrnimmt. Ist es für ihn höchste Zeit sich um sich zu kümmern, überfällt ihn ein schlechtes Gewissen. Kommentare von außen die sein „egoistisches“ Handeln verurteilen bestärken dieses nur noch mehr. Ein fürchterliches Gefühl. Erkennt der HS-HB die Zwickmühle und lässt es immer mehr zu sich seinen Bedürfnissen nachzugehen, kann es zu Brüchen in Freundschaften kommen. Eine schmerzhafte Entscheidung für sich selbst. Doch seine Absicht liegt nicht darin, den anderen zu schaden sondern darin sich zu schützen und sich lieb zu haben. Wenn ein HS-HB mit sich in Einklang kommt, sich mehr und mehr versteht, dann ist er umso kraftvoller für sein Umfeld da. Eine große Energie kann ins Fliesen kommen, wenn eine gesunde Balance aus bei sich und für die Umwelt da sein besteht. Es geht hierbei nicht um ein bewusstes für eine Person da sein sondern um eine innenliegende Ruhe und Kraft die zu seinem Sein gehört die er in die Welt strahlen darf. Diese Energie fällt NB auf. Immer wieder werde ich gefragt, woher ich all diese Energie nehme so viele Dinge zu erleben. Mir selbst ist es nicht bewusst, für mich ist es normal, könnte sogar mehr machen. Erst eine Aufzählung macht mir dieses klar.

Ein weiterer Unterschied ist die Bedeutung von Sicherheit im Leben von NB und HB. Ein NB strebt nach Sicherheit. Am liebsten würden Eltern das Leben ihrer Kinder bis zum 30. Lebensjahr vorplanen und versichern. Dann hat man einen Plan und weiß woran man sich halten soll. Durch diese Sicherheit glauben sie Problemen so gut wie möglich aus dem Weg gehen zu können. Das erste große Interesse der Kinder wirf festgenagelt und daran halten sich viele Eltern. Neue Interessen werden abgewürgt. „Jetzt mach doch mal dieses zu Ende bis du es richtig kannst und dann kannst du ja immer noch sehen“. Die Schule wird danach ausgesucht und das Studium läuft oft zwangsmäßig in diese Richtung. „Fertig, jetzt bist du was und kannst dein Leben genießen“. Versicherungen für Zähne, Altersvorsorge, Arbeitsunfähigkeit werden gerne so früh wie möglich abgeschlossen, damit sie sich „lohnen“. Sicherheit so betrachtet bedeutet Angst vor Unerwartetem und starres Handeln in Richtlinien.

Hochbegabte verbinden den Begriff Sicherheit mit ihrem Vertrauen. Das Vertrauen in das Universum das sie umgibt, Sie wollen sich entwickeln und dazu gehören Herausforderungen im Leben. Sie empfinden es nicht als Schicksalsschlag, den Gott ihnen als Prüfung geschickt hat und den sie jetzt ertragen müssen. Natürlich sehnt sich ein HS-HB auch nach einem angenehmen Leben, doch tief in ihm drin freut er sich auf neue Herausforderungen, mit denen er wachsen kann.

Sicherheit in Bezug auf den Lebensweg empfindet ein HB als einschränkend. Oft hat er eine Mission oder Sinn seines Lebens, der von seinen Werten geprägt ist. Diese zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. So kann er sich sein größtes Interesse beruflich festlegen. Wenn es Zeit ist einen neuen Bereich zu erleben, dann wird er eine neue Arbeit finden, die gewiss wieder mit seinen werten vereinbar ist.

In der Berufswahl von NB bestimmen oft weltlich Werte die Auswahl. Was kann ich gut und was mache ich gerne stehen da selten im Verhältnis. Das Gehalt, die Arbeitszeit, die Position lassen den NB oft absurde Fahrwege auf sich nehmen. Der Fahrweg, die Kollegen, die unbefriedigende Arbeit werden als Last hingenommene und erschweren das Gemüt Tag für Tag. Ein hinarbeiten auf das Wochenende und den lang ersehnten, verdienten Urlaub wird zum Alltag. Er muss so viel verdienen um sich dann in der Freizeit einen angenehmen Ausgleich zur Arbeit leisten zu können. Das Wohlfühlen und Erfüllung schiebt er so ständig vor sich hin.

Suche ich mir eine Arbeit, auf der ich meine Werte einbringen kann, erlebe ich die Arbeitszeit und den Weg nicht als Belastung. Der Drang nach einer zwanghaft erfüllten Freizeit fällt weg. Ist der Weg lang, nutze ich die Zeit zum Abschalten oder Lesen. Ich gestalte ihn zu einer besonderen Zeit, die ich für mich alleine habe und die ich genießen darf. Vielleicht verdiene ich sogar weniger doch die Lebensqualität ist nicht mit Geld zu bezahlen. Das Geld ist bei vielen HB eh oft im Fluss, er bedeutet ihm nicht viel. Es ist nötig, doch misst sich sein Befinden nicht daran. 

Wenn ein HS-HB mit sich im Einklang lebt er meist wie Kinder im hier und jetzt. Genauso wie das Lernen auf Vorrat spielt die Sicherheit auf Vorrat keine große Rolle in seinem Leben. Von NB wird diese Lebensweise als naiv, leichtsinnig und verplant verurteilt. „Bekomm dein Leben doch mal in den Griff!“ ist ein Satz der mich immer wieder trifft und mich traurig stimmt, denn ich bin schon immer so gewesen, und es zeigt mir, dass ich nicht verstanden und akzeptiert werde. Ich bin seit 40 Jahren so, da sollte man doch verstehen, dass ich so bin. Das Wichtigste für mich ist die Erkenntnis gefunden zu haben, dass ich so wie ich bin „nicht Falsch“ bin, sondern anders. Und dass ich feststellen darf, dass Menschen bei denen ich mich wohl fühle und ich ich sein kann genauso anders sind wie ich. Wenn ich nicht verstanden werde in meiner Lebensweise dann fühlt es sich an wie wenn 2 Welten aufeinander treffen. Das Titelbild des Filmes Upside Down beschreibt meine Empfindung hierbei sehr gut. Es gibt kleine Berührungspunkte. Doch die Welt der unbegrenzten Möglichkeiten der HB kann von NB als diese nicht nachempfunden und akzeptiert werden. Natürlich plant und durchdenkt ein HB sein tun doch das Urvertrauen, sein innere Stimme oder Bauchgefühl sind die Basis für seine Entscheidungen. In einem Problem sieht er die vielen Möglichkeiten dieses zu meistern und neue Wege einschlagen zu dürfen, nicht die Schwierigkeit, das Problem zu umgehen.

Seine Neugier und sein Vertrauen sind sein Antrieb, der Wind in seinen Segeln. Er bestimmt, ob er den Wind nutz und seine Segel nach ihm setzt oder ob er seinen Kurs beibehält und mühsam und sogar einen Mastbruch riskierend auf seinem festgelegten Kurs festhält.

Von Herzen Astrid