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Astrid Schneider

Selbstbildfindung und Stärkung des Selbstbildes

Was ist das Selbstbild eines hochsensiblen Hochbegabten und wie kann es gestärkt werden?

Ich habe beobachtet, dass bei vielen HSHB ihr Selbstbild stark vom Außen abhängig ist. Bin ich zum Beispiel mit Menschen zusammen, mit denen ich auf einer Welle bin, mich wohl fühle, ist mein Selbstbild leicht, stark, richtig, es trägt mich. Bin ich in Situationen, in denen ich mich nicht verstanden fühle, zu viele verschiedene Charaktere, Personen, die ganz andere Werte haben als ich, Erwartungen an mich stellen fange ich an mich zu vergleichen, was zu einem unsicheren Gefühl meiner selbst bis hin zum falsch Gefühl führt. Hochsensible Hochbegabte sind oft von ihrem Perfektionismus geplagt und es missfällt ihnen ihrem Gegenüber in „Schwierigkeiten“ zu bringen. Schwierigkeiten deshalb, weil sie selbst Sätze von Normalbegabten oft als verletzend empfinden. Hierzu dann mehr bei den Gedanken zu Kommunikation und Interpretation. Wenn ein HSHB den größten Teil seiner Gedanken in Gefühlen erlebt, sind schon kleinste Kritiken, Zweifel von außen und Missverständnisse Faktoren, die ihn sich in Frage stellen und ihn falsch oder klein fühlen lassen. Diese vom Gegenüber nicht gefilterten Aussagen treffen den HSHB, er denkt zu umsichtig, um bloß niemanden zu verletzten, was ein Normalsensibler nicht nachvollziehen kann. Schon wenige solcher Aussagen oder schon nur ein Seufzen oder Augenrollen können das Selbstbild ein HSHB Kind sehr schwächen. Es will doch gefallen und Anerkennung und wird nun so reden und handeln, dass es „richtig“ ist und nicht wieder in Frage gestellt wird. Das Gefühl nicht genug, nicht richtig zu sein ist sehr stark und brennt sich ein. Es fängt an sich anzupassen, immer mehr vom anfänglichen Selbstbild zu entfernen, verliert sich darin oder es fängt an zu rebellieren, da es ja eh schon falsch ist. All unsere Erlebnisse, ob positiv oder negativ, ergeben unser Selbstbild. Ein HSHB der sich an das Außen angepasst hat, leidet immer wieder darunter. Es gibt Phasen in denen er sich im System wohl fühlt, bis er doch wieder in Berührung kommt, mit einer Begegnung, ein Erlebnis, das ihn seine innere Wahrheit zeigt. An diesem Punkt bricht das ganze System für ihn zusammen und er versteht gar nichts mehr. So kann es sein, das ein HBHS ein fantastisches Chamäleon wird, perfekt in seiner Anpassung, natürlich ihm unbewusst, und ab und zu an sich zweifelt, den Grund für sein Unwohl oder Unglück jedoch nicht finden kann.

Wie kann ich jetzt dieses „schwache“ Selbstbild stärken?

Um ein Bild malen zu können muss etwas da sein, das man malen kann. Also benötige ich ein Bewusstsein um ein Selbstbild zu schaffen. Ich kann mich auf den Weg machen und erforschen wer ich bin. Was für eine spannende Aufgabe für einen HSHB wenn er diese annimmt. Viele Fragen kann ich mir stellen, die mir helfen mir immer bewusster zu werden. Was sind Werte die aus mir heraus mein Leben begleiten? Wo kann ich sie ausleben? Wie ist das Gefühl dazu? Kenne ich dieses Gefühl aus einer anderen Situation? Kann ich dieses Gefühl bewusst aufrufen um mich wohl und gut zu fühlen? Genauso kann ich mir im negativen Bereich Bewusstsein verschaffen um mit Situationen, Personen, Gefühlen besser umgehen zu können. Was macht mich aus? Wo sind meine Stärken und Schwächen? Wenn ich hierzu meine Gedanken aufschreibe, werden diese konkret. Da das Denken des HSHB so rasant und sprunghaft ist, kommt es bei mir oft zu keiner konkreten Aussage. Wenn ich es aufschreibe muss es durchdacht werden und wird entschleunigt. Je mehr ich in dieser positiven Suche stecke, umso mehr fällt mir ein und mein Gefühl, mein Bild über mich ändert sich enorm. Um mich also zu stärken darf ich mir meiner Schwächen und Ängste bewusst sein. Am besten ich umgebe mich mit Personen, Tieren der Natur, die mich wohl fühlen lassen und mir meine Stärken spiegeln. Auch die Sinne können uns dabei unterstützen. Ich hatte letztens ein wunderbares Gespräch über Lieblingsgeschmack, Gerüche und Klänge. Manchmal habe ich tagelang einen Ohrwurm. Hierbei handelt es sich meistens um dieselben 4 Lieder. Alle 4 versetzen mich in einen Gefühlszustand, den mein Unterbewusstsein lange anhalten möchte. Wenn etwas verarbeitet werden möchte, ich nicht in eine tiefe Trauer rutschen soll oder froh bleiben soll, schwirren diese Lieder ununterbrochen in meinem Kopf. Also kann ich doch bewusst diese Musik einsetzen um in bestimmte Stimmungen zu kommen. Und beim Recherchieren woher meine Liebe zu Himbeeren kommt, sind wir auf meine Oma gekommen. Sie war mir der wichtigste Mensch in meinem Leben, bei ihr habe ich mich aufgehoben und wohl gefühlt und nur bei ihr habe ich Himbeerschnitten gegessen. Der Geschmack verbindet mich mit Geborgenheit und die Himbeere gehört noch heute zu einem Geschmack, der ständig in meiner Woche auftaucht. Genauso sind der Geruch von frisch gemähtem Gras und einige Parfums an Wohlbefinden und Freude gekoppelt. Ich kann sogar ab und zu einen Geruch bewusst aufrufen um das Gefühl dazu zu spüren.

Sehr oft stimmen das Selbstbild des HSHB und das Fremdbild des Gegenübers nicht überein. Der andere kann in dem HSHB eine willensstarke, kraftvolle Person sehen, die wahnsinnig viel gemeistert bekommt und doch ist das Selbstbild des HSHB meist das Gegenteil. Er kann diese Eigenschaften nicht mit Stolz fühlen, weil er sich ihrer nicht bewusst ist, sich vergleicht, in seinem Perfektionismus feststeckt und in alten Verletzungen gefangen ist. Hier hilft das bewusste Umwandeln von festsitzenden Glaubenssätzen zum Beispiel durch „The Work“. Hierbei wird mein Gedanke in Frage gestellt, und wenn ich mir nicht 100% sicher sein kann, dass dieser wahr ist, darf ich nach Umkehrungen suchen und diese durch Beispiele aus meinem Leben bestätigen. Ich kann mir einen Medizinsatz bilden, der mir bei neuen Zweifeln hilft wieder in das neue Gefühl zu kommen.

Zum Bewusstsein gehört auch dazu sich seiner Gabe bewusst zu sein, ihre positiven Seiten hervorzuheben, das Anderssein willkommen zu heißen und diese ausleben zu dürfen. Empfinde ich sie nur als Beschränkung, bleibt mein Bild im Vergleich zum Außen und stellt mich immer wieder in Frage.

Dieses Annehmen ist nicht leicht, benötigt Zeit und vor allem Geduld mit mir selbst um gefestigt zu werden und zu meinem Sein zu werden. Gerade in der Anfangsphase ist es meiner Meinung nach wichtig, behutsam mit sich umzugehen, sich wirklich mit stärkenden Menschen, Situationen und Wohlbefinden zu umgeben um das Gefühl und Bild zu stärken. Werde ich sicherer und gefestigter in mir, kann ich Begegnungen und Situationen bewusst entgegenkommen um dann mit der Hilfe der Umgewichtung neue Wege für mich zu gehen.

Von Herzen Astrid