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Astrid Schneider

Visionen

Als ich vor einem guten Jahr in meinem Alltagstrott so vor mir hin lebte und jeden Tag so nahm wie er war ohne mir ernsthaft bewusst zu sein, was ich da tue und lebe da kam mir das Wort Vision erstmal groß, unfassbar und abschreckend vor. Ich hatte es zuvor in meinem Leben nicht gehört. In der Schule ging es immer um Fakten, im Beruf um Produktivität, in der Kirche um Gehorsam und Demut und in der Familie um Erwartungen erfüllen und Funktionieren in der Gesellschaft. Schon das Wort Wunsch war speziell und ich konnte es nie richtig fassen. Es existierte nur von außen für mich, wenn ein Erwachsener mich fragte, was ich zum Geburtstag oder Weihnachten wünschte. Oder Wünsche wurden mir zugeteilt: “ Ich wünsche dir viel Gesundheit und Glück.“ oder „ich wünsche mir für dich, dass du dich mal etwas mehr anstrengst“. Also ging es für mich meist um materielle Dinge wie Spielzeuge, die ich meist nicht bekam oder um Erwartungen die an mich gestellt wurden. Wieso wurde man nach Wünschen gefragt die dann anders „erfüllt“ wurden und wieso wünschte sich jemand anders sich eine Verhaltensänderung für mich? Absurd. Gesundheit hatte ich doch meist bis auf die mich ständig begleitenden Bauchschmerzen, die sich keiner erklären konnte. Und Glück hatte auch immer wieder. Ich war doch ein Sonntagskind und das war für mich klar es immer eine Lösung geben würde für egal welche Lage. Darauf vertraute ich voll. Wieso wurde mir dann immer wieder eine Floskel gewünscht, die sich von allein in mein Leben bahnte? So gehörten Wünsche nicht zu mir. Es waren eher Träume von Situationen und Begebenheiten die mich in wunderbare Gemütszustände brachten. Mir war klar, dass ich meine verstorbene Oma nicht zurückbekommen würde. Und auf ein Treffen im Himmel zählte ich auch nicht. Die Möglichkeit sie dort anzutreffen war sehr gering. Wenn ich sterbe, dann ist sie bestimmt schon reinkaniert und wir würden uns ständig verfehlen. Also holte ich sie in meine Gefühle und nahm sie mit in meinen größten Traum. Ich war davon überzeugt, dass ich als Erwachsene in Frankreich in den Apilles der Provence leben werde. In einem kleinen Steinhaus mit einem einzigen Raum und einem großen Fenster, das auf die einsame schroffe Landschaft blicken ließ und mir das Gefühl von Weite und Abgelegenheit gab. Wichtig waren mir nur eine Toilette und die dicken Wände aus Stein mit ihrem Fenster. Darin fühlte ich mich geborgen. Und da meine Oma jetzt zu meinen Gefühlen gehörte, war sie dort mit mir. Wir mussten nicht sprechen und waren allein mit Wetter und Natur. Das war als Kind meine mir erwünschte Zukunft mit bestimmten Gefühlszuständen.

Vielleicht ist genau dieses kindliche unbegrenzte Erträumen das, was Erwachsene Vision nennen.

Das Wort Vision tauchte tatsächlich letztes Jahr im März das erste Mal in meinem Leben auf. Nach einem Zusammenbruch in mir selbst machte ich mich auf die Suche nach einer Aufklärung. Warum ging es mir so wie es mir ging und was hatte es ausgelöst. Ich las Bücher hörte Podcasts und immer wieder fing alles damit an sich Ziele zu setzten und eine Vision zu finden. Meist tritt der Begriff Vision in Zusammenhang mit Beruf und Berufung, Ziel und Motivation auf. Alles Begriffe, die zu diesem Zeitpunkt meines Lebens mir sehr fremd waren.

Rückblickend hat es sehr viel mit meinen Kindheitsträumen zu tun. Es ist für mich ein Gefühlszustand kombiniert mit Werten die mich zusammen ausmachen, die eine Einheit bilden, sich durch all meine Lebensbereiche ziehen. Eine tiefliegende Sehnsucht nach einem Seins Zustand der all meine Gedanken und mein Handeln beeinflusst, wie ein roter Faden sich durch mein Leben zieht. Diese Definition unterscheidet sich bestimmt von Visionen, die in Seminaren erarbeitet werden. Ich bleibe hier jedoch bewusst bei meiner. Meine Vision bezieht sich nicht nur auf mich. Ein ganz wichtiger Teil ist dabei die Wirkung, die ich auf mein Umfeld habe und was ich dem Universum durch mein Sein schenken kann. Kein Hintergedanke an Anerkennung, sondern die Überzeugung davon, dass alles eins ist. Was ich mir Gutes tue, tue ich allen und was ich nicht teile, das kann für mich auch keine Ganzheit erreichen. Das sagt mir meine Intuition. Vision ist also für mich eine Ausrichtung in die Zukunft, die mein Jetzt bereichert und in die ich fließen darf. Der Fokus liegt nicht auf dem Erreichen, sondern auf dem Prozess. Die Vision ist die Ausrichtung für all mein Denken, Fühlen und Tun.

 

Von Herzen Astrid