Merkmale hochbegabter Kinder

Ich habe für mich entschieden nur über Merkmale zu berichten, die ich persönlich wahrgenommen habe und bei mir bekannten Personen beobachten konnte.

Normalbegabte nehmen viele HB Merkmale als merkwürdig, verrückt oder sogar falsch wahr. Sie empfinden viele HB als Außenseiter die in ihrer eigenen Welt mit nicht nachvollziehbaren Gedanken und Gedankensprüngen leben. Da ich selbst betroffen bin, sind viele dieser Besonderheiten für mich normal und es ist etwas schwierig diese aufzuspüren.

Neugier, nicht endender Wissensdurst, vielfältiges Interesse und Mut durch Vertrauen in das Universum, das sind Eigenschaften, die ich bei allen mir bekannten HB Kindern beobachten konnte. Bei manchen ist das „öffentliche“ Fragen und Hinterfragen abgeschwächt. Ich denke es hat mit Selbstschutz zu tun, nicht als Außenseiter mit den vielen merkwürdigen Fragen und Ansichten zu gelten. Wie jedes Kind wünscht es sich Anerkennung und Wahrgenommen zu werden, doch seine Feinfühligkeit und breitflächiges Denken lässt es logisch handeln und versucht sich vor negativen Beurteilungen zu schützen und lernt sehr schnell sich der Umwelt anzupassen um bloß nicht aufzufallen und in Ruhe gelassen zu werden. Ein “Verstummen“ kann auch eintreten, wenn das Kind nicht gefördert wurde, seine Neugier nicht durch Bücher, Filme, Experimente und eigenen Erfahrungen ausleben kann.

Auch wenn das HB Kind soziale Kontakte pflegt und gerne unter Menschen ist, wird es in neuen Gruppen, Räumen, Situationen „schüchtern“ von Abseits das Geschehen beobachten. Der Raum wird gescannt, Personen beobachtet um auf alles Vorbereitet zu sein um sich dem „System“ möglichst unauffällig anzupassen. Fasching mit verkleiden war fast allen HB Kindern aus meinem Bekanntenkreis ein Gräuel. Auch auf Kindergeburtstagen sind sie gerne mit dabei, nehmen jedoch mit Distanz , meist für sich alleine , am Geschehen teil, haben dabei sogar viel Spaß, was andere wieder nicht sehen können. Im Kindergarten sind sie glücklich, wenn sie mit Spielsachen und Aktivitäten für Größere sich beschäftigen können. Kreisspiele waren bei keinem mir bekannten HB beliebt. Nicht aus freien Stücken im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und dann auch noch schnell sich entscheiden oder sogar gekonnte körperliche Aktivitäten ausüben sind Situationen in denen sie das Kind gerne verstecken würde. Ein Junge war als Kleinkind sehr zurückhaltend gleichaltrigen gegenüber. Gerne war er mit älteren Kindern oder Erwachsenen zusammen, wo er mit seinem Denken und Sprachkenntnissen nicht auffiel und geschätzt wurde. Gleichaltrige konnten mit seinem Redestil und seinen Gedanken und Ideen nur selten etwas anfangen, da sie ihn nicht verstehen konnte. In der Schule war er bei allen beliebt, jeder kam zu ihm um sich Hilfe zu holen. Doch zu einer Einladung in der Freizeit kam es nur selten. Dies störte ihn nur selten. Nur wenn Verabredungen abgesagt wurden, weil Erwachsene auf einmal etwas anderes vorhatten, was in ihren Augen wichtiger war, da wurde er stutzig. Man hatte doch eine Vereinbarung getroffen, die meist von der anderen Seite lange im Voraus geplant wurde. Langsam wollte er keinen mehr nach der Schule treffen, da ja eh immer etwas dazwischen kam und eigentlich war er eh lieber alleine. So konnte er ungestört seinen Passionen wie Zeichnen, Eisenbahnen, Modelle Bauen, Geige spielen und Mozart. Zu Hause konnte er so sein wie er war, ohne schräg angeguckt zu werden. Auf die Interessen seiner Schulfreunde wie Fußball und Comichelden ging er ein um mit ihnen mitreden zu können, doch sie waren ihm nie wichtig. Meist sind es die Eltern, die ihr Kind alleine spielen sehen und sich vorstellen, es müsse sich doch verabreden um glücklich zu sein. Dieser Soziale Druck im Elternhaus wird meist hingenommen, das Kind trifft sich und beschäftigt sich dann doch meist alleine oder hat das Glück ältere Geschwister zu treffen. Erst die Erwartung anderer gibt dem Kind das Gefühl anders zu sein. Von sich aus würde es mit seinen Interessen nicht das Gefühl bekommen. Meist reicht es dem HB Kind aus, wenn es einen guten Freund hat. Wenn es ein anderes HB Kind trifft, mit denselben Interessen, dann ist es wie Magie. Sie fangen an zu leuchten, tauchen vollkommen in ihre Welt ein mit eigener Sprache und reiten auf derselben Wellenlänge. Hierfür ist jedoch eine Einfühlsamkeit auf beiden Seiten nötig. Nur weil man HB ist heißt es nicht, dass man sich gut versteht. Es gibt so viele verschiedene Typen und Kinder sind da viel wählerischer als Erwachsene.

Ein anderes hochbegabtes Kind hatte von klein auf eine Passion für klassische Musik. In kürzester Zeit lernte es Noten lesen, Flöte und Klavier spielen. Als er sich für die Geige entschied lernte er so schnell, dass seine Lehrerin sofort erkannte, dass er für ein Streichinstrument geboren wurde. Kurz darauf fing er mit der Bratsche an. Sie sind eins geworden. All dieses Lernen war Eigeninitiative. Keiner aus der Familie war vor ihm musikalisch gewesen, vielleicht hatten seine Eltern nicht die Chance ein Instrument erlernen zu dürfen und hatten so niemals die Möglichkeit ihr Talent zu entdecken? Sie unterstützen ihren Sohn jedoch so gut sie konnten. Bei ihm ist mir aufgefallen, dass er so in seiner musikalischen Welt lebt, dass alle anderen Bereiche in der Schule ihm vollkommen egal sind. Trotzdem besteht er jedes Schuljahr mit Bravour. In sozialen kommt auch alles nach der Musik. Es ist sehr schwer sich mit ihm zu treffen, denn er ist nur am Musizieren. Auf Strandurlaub verzichtet er, da dort sein Instrument zu starken Klimaschwankungen ausgesetzt sein würde und er ohne seine Bratsche nicht fahren würde. Die Treffen mit ihm sind meist kurz und sehr intensiv. Alles was er erzählt ist in starke emotionale Beschreibungen gepackt. Die Musik und er sind wirklich eins. Er lebt in den Frequenzen. Seine Familie nimmt ihn so wie er ist, wenn er nicht zum Essen erscheint, dann wird nur gesagt, du weißt doch wie er ist. Ein wunderbares Beispiel wie mit der Hochbegabung eines Kindes umgegangen werden kann auch wenn es ein Thema betrifft, das die Eltern nicht teilen können.

Von Herzen Astrid